Wer muss den Zaun errichten?
01.01.1970

Was haben Bayer 04 Leverkusen, David Nicholls und die Provisionsfreiheit miteinander gemein?

Ein Buch von David Nicholls lautet ‚Ewig Zweiter’.
Und das verbindet die Bundesligamannschaft von Leverkusen, seinesgleichen auch Vizekusen genannt, und unser Thema ‚Provisionsfrei für den Käufer’, das beim zweiten Antritt bei unseren Umfragen des IDEEnzirkels wieder nur den 2. Platz erreichte.

‚Wer muss den Zaun zum Nachbarn errichten’ war ein scheinbar zu dominantes Thema, wodurch die Wahl glasklar gewonnen werden konnte.

Lösen wir doch gleich zu Beginn auf!
Ja, es gibt die Regelung, dass der rechte Nachbar den Zaun errichten muss! Oder eben der linke, hängt natürlich von der Betrachtung ab. Das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) klärt auch die Sichtweise auf – und am Originaltext, wie er auch heute noch in der aktuellen Ausgabe des ABGBs erscheint, erkennt man, dass es diese Verordnung bereits sehr lange gibt:

>> In der Regel ist der ausschließende Besitzer nicht schuldig, seine verfallene Mauer oder Planke neu aufzuführen; nur dann muß er sie in gutem Stande erhalten, wenn durch die Oeffnung für den Gränznachbar Schaden zu befürchten stünde. Es ist aber jeder Eigenthümer verbunden, auf der rechten Seite seines Haupteinganges für die nöthige Einschließung seines Raumes, und für die Abtheilung von dem fremden Raume zu sorgen. <<
Wer besonders auftrumpfen möchte: es handelt sich um den §858 des ABGBs!

Als Eigentümer eines Grundstückes betrachtet man wohl die Situation gerne auch von eben diesem aus. Blickrichtung Straße ist man daher verpflichtet, die linke Grenze mit einem Zaun zu begrenzen. Das besagt der 2. Satz dieses Paragraphens. Es kann sich auch nur um den Haupteingang auf das Grundstück handeln, da dadurch eine durchgehende Einfriedung gewährleistet werden kann. Gesetzlich nicht geregelt ist jedoch die Abgrenzung an der Seite des Grundstückes, das parallel zur Straße und zwischen 2 Privatgrundstücken geführt wird (und damit keine ‚rechte Seite seines Haupteinganges’ definiert werden kann). Diese wird sinnvollerweise von beiden Grundstückseigentümern zu tragen sein, dabei handelt es sich jedoch um eine privatrechtliche Vereinbarung.
Die Einfriedung zur Straße, dem öffentlichen Gut, wird seitens der Behörde üblicherweise vorgeschrieben.

Interessante Details zu diesem Thema:

Ein errichteter Zaun muss nicht erhalten werden. Erst ab dem Zeitpunkt, ab dem die Gefahr eines Schadens für den Nachbarn entsteht, muss nach §858 diese Gefahr behoben werden. Zu beachten ist jedoch auch, dass es sich nur um Gefahren handelt, die durch die Öffnung der Einfriedung entstehen, da dadurch Personen und Tiere in das benachbarte Grundstück gelangen können. Das entbindet den Eigentümer jedoch nicht von der Verpflichtung, von einer Einfriedung ausgehende Gefahren für die Gesundheit zu beheben (z.B.: herabfallendes Mauerwerk einer gemauerten Einfriedung; vgl. Dachlawinen).
>> Es muss ein Schaden iS der §§ 1293 ff ABGB (Anm.: kein entgangener Gewinn) eingetreten sein bzw. drohen, um einen Anspruch nach § 858 erster Satz, zweiter Halbsatz, ABGB zu begründen. Ein Anspruch nach § 858 erster Satz, zweiter Halbsatz, ABGB ist ferner nur dann gegeben, wenn der Grund der Beschädigung gerade in der Öffnung der Mauer oder der Planke liegt. <<
>> Beisatz: Es genügt, dass der Schaden von Personen oder Tieren ausgeht, die über das Grundstück des Beklagten auf den Nachbargrund gelangt sind. <<
[6Ob108/66; 7Ob72/73]

>> Die Verpflichtung nach § 858 ABGB kommt nicht einer Dienstbarkeit gleich. Die Verpflichtung zur Neuaufführung oder Instandsetzung des Zaunes ist in jedem wiederkehrenden Streitfall neu nach dem Gesichtspunkt des § 858 ABGB zu lösen, ob durch die Öffnung für den Grenznachbarn ( nun ) "Schaden zu befürchten steht". Da dies für den nächsten Anlaßfall nicht abzusehen ist, besteht kein fortdauernder Instandhaltungsanspruch. ( Hier wurde daher der Grundnachbar zur Erneuerung des verfallenen Zaunes verurteilt; das weitere Klagebegehren auf Verurteilung zur künftigen Instandhaltung des zu erneuernden Zaunes wurde hingegen abgewiesen). <<
[7Ob72/73]

Grenzt man mit seiner rechten Grenze an eine Wiese, Äcker, Alm o.ä., dann ist man von der Zaunerrichtung befreit:
>> Die Sondervorschrift des § 858 Satz 2 ABGB betreffend die Verbindlichkeit jedes Eigentümers, auf der rechten Seite seines Haupteinganges für die nötige Einschließung seines Raumes zu sorgen, ist auf freiliegende Äcker, Wiesen und Wälder nicht anzuwenden. Zur Zauninstandhaltungspflicht nach § 858 Satz 1 ABGB bei Almen. <<
>>Nach herrschender Lehre besteht die Verpflichtung zur Einfriedung nur dann, wenn ein Bedürfnis nach einer Einfriedung vorhanden ist, was in Ansehung von freiliegenden Wiesen und Äckern verneint wird. <<
[7Ob77/73; 5Ob158/58]

Ob die Zaunerrichtungskosten aus dem Hauptmietzins getragen werden dürfen, hat der Oberste Gerichtshof (OGH) ebenfalls bereits entschieden.
>>Die Errichtung darf nur dann aus dem Hauptmietzins getragen werden, wenn der Garten Teil des Mietvertrages ist, der Garten mit dem Haus eine Einheit bildet oder ein Interesse der Mieter daran besteht, dass der Garten mit einer Einfriedung begrenzt wird. <<
[5Ob398/60]

Ruhestörung, Hausfriedensbruch u.ä. begeht bereits, wer den Zaun besteigt.
>>Das Besteigen einer Einfriedung (zB) eines Lagerplatzes, ohne fremden Boden zu betreten, fällt unter den Begriff des Einsteigens. <<
[9Os101/75]

Sollte der Teil des Grundstückes abgetreten werden müssen, auf dem sich der Zaun befindet, so gehen auch das Eigentumsrecht, aber auch alle damit verbundenen Verpflichtungen, an den Eigentümer dieses Grundstücksteiles über.
>> Die Instandhaltungspflicht (Verpflichtung zur Erhaltung in gutem Zustand) trifft nur den Eigentümer ( Miteigentümer ) einer Baulichkeit bzw den Eigentümer ( Miteigentümer ) einer dazugehörigen Anlage. Die nach dem Baukonsens zu einem Haus gehörende Einfriedung des Baugrundstückes gegen die öffentl Verkehrsfläche geht bei Übertragung jenes Grundteiles, auf welchem sie sich befindet, ins öffentl Gut in das Eigentum der Stadt Wien über und bleibt nicht in der Instandhaltungspflicht des Hauseigentümers; zu ihrer Instandhaltung ist vielmehr die Stadt Wien als Eigentümer des öffentl Gutes verpflichtet. <<
[1Ob18/79]

Und zu guter Letzt für alle unsere Hobbydiebe: Das bloße Herausheben fremden Eigentums begründet nicht das Vergehen des Einsteigens. ABER! Nicht zu früh freuen, der wesentliche Tatbestand des Diebstahls kann damit nicht abgewendet werden! Also, lieber die Sachen dort lassen, wo sie sind und bestenfalls eine Rose für die nette Nachbarin hinein heben (und sicherheitshalber nicht in den Zaun stecken!).
>> Das bloße Herausheben einer Beute über eine Einfriedung unterfällt im allgemeinen noch nicht den Qualifikationsmerkmalen des Einsteigens. <<
[14Os14/97]

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